Kolumne

Die Schweizer Tech-Industrie exportiert direkt 80 % ihrer Güter. Indirekt sind es über die Zulieferung an Grossfirmen wie Stadler Rail, ABB oder Siemens sogar über 90 %. Knapp 15 % der Exporte gehen in die USA.
Am 1. August 2025 hat die Schweiz die Willkür der Grossmacht USA zu spüren bekommen. 39 % Zoll auf die Exporte unserer Tech-Industrie sind brutal. Zusammen mit dem gegenüber dem US-Dollar um über 10 % gestiegenen Schweizerfranken bedeutet der US-Zollhammer eine dramatische Verschlechterung der Konkurrenzfähigkeit gegenüber unseren Konkurrenten aus Deutschland, Italien und Japan – und als Konsequenz faktisch das Ende des US-Exportgeschäftes für unsere Firmen.
In den letzten Tagen haben wir von Dutzenden Firmen immer wieder die gleiche Botschaft gehört: Im Kampf gegen den Zollhammer müssen wir Teile der Produktion nach Europa verlagern, denn dort sind die US-Zölle tiefer. Deshalb rechnet Swissmem mit einer Entlassungswelle, die mehrere 10’000 Personen treffen kann. Gleichzeitig fordern alle Firmen: Verbessert die Rahmenbedingungen am Standort Schweiz, denn wir wollen auch weiterhin hier entwickeln und produzieren.
In diesem Zusammenhang werden mancherorts Forderungen nach Industriepolitik laut. In der Schweiz lautet die Argumentation, dass man bei COVID Milliarden für Restaurants ausgegeben und mit der 13. AHV-Rente die Rentner beglückt habe. Zudem koste die Landwirtschaft jährlich Milliarden zum Ausgleich der Kostennachteile gegenüber dem Ausland. Nun müsse die Industrie unterstützt werden.
Subventionszahlungen an die Industrie? Das ist weder sinnvoll noch machbar: Die geforderte Kompensation der Zolldifferenz zwischen dem US-Zoll für die Schweiz (39 %) und der EU (15 %) würde den Steuerzahler alleine für die Tech-Industrie jährlich über 2 Milliarden Franken kosten. Die Kompensation für Pharma wäre noch viel höher. Für die gesamte Wirtschaft müsste der Bund jedes Jahr 12 Milliarden Franken locker machen. Das ist unmöglich.
Viel besser ist, den seit Jahrzehnten bewährten Pakt zwischen der Industrie und der Bevölkerung bzw. der Politik wiederzubeleben: Die Industrie verzichtet auf eine Industriepolitik mit Subventionen. Im Gegenzug sorgt die Politik für bestmögliche Rahmenbedingungen. Die Vorteile sind klar: In der Schweiz bleiben Jobs bestehen, ohne dass der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.
An diesem Rezept müssen wir festhalten – gerade jetzt. Aber das braucht bei Volk und Politik ein massives Umdenken: Erstens braucht es Kurzarbeitsentschädigung für 24 Monate. Kurzarbeit wird durch die Arbeitslosenversicherung, also durch die Unternehmen und deren Mitarbeitenden selbst finanziert. Kurzarbeit kauft den Firmen Zeit, um neue Märkte aufzubauen und kann Massenentlassungen verhindern.
Zweitens muss auf alles verzichtet werden, was die Produktionskosten in der Schweiz erhöht: Der Ausbau des Sozialstaats inkl. der AHV und dessen Finanzierung über Lohnnebenkosten muss gestoppt werden. Drittens muss der Bürokratie-Irrsinn aufhören. Das betrifft insbesondere die Berichtspflichten im Zusammenhang mit dem Klimawandel.
Und drittens brauchen wir weltweit einen besseren Marktzugang. Es gilt, jedes mögliche Freihandelsabkommen abzuschliessen. Dazu gehören Mercosur und die Verbesserung des Abkommens mit China. Wer dagegen das Referendum ergreift, schiesst den Industrie-Firmen und ihren Mitarbeitenden willentlich in den Rücken. Dazu gehört auch die Sicherung des Bilateralen Wegs mit der EU. Bei letzterem zeigt sich der Nutzen von Völkerrecht gegenüber Faustrecht: Der Kohäsionsbeitrag der Schweiz an die EU von 350 Mio. Franken wurde ausgehandelt. Der Beitrag entspricht einem Zollsatz von 0,25 %. Im Gegensatz dazu sind die einseitig und willkürlich aufgezwungenen US-Zölle 156-mal höher!
Die Zölle des US-Präsident sind ein brutaler Angriff auf unseren Wohlstand. Und es geht weiter, denn in den kommenden Wochen wird auch die Pharmaindustrie unter Druck kommen. Dieser Angriff betrifft auch Sie, geschätzte Leserinnen und Leser! Die Schweiz verdient jeden zweiten Franken im Ausland. Ohne die Einnahmen aus dem Aussenhandel wird der US-Angriff indirekt auch Jobs in Hotels, Detailhandel, Spitälern und Verwaltung treffen.
Wachen wir auf und handeln, bevor es zu spät ist. Auch Sie können aktiv werden: Unterschreiben Sie die Swissmem Petition zur Rettung der Industriestandorts Schweiz! Gemeinsam sind wir stark!
Petition hier unterschreiben:
https://civic.ch/unterschreiben/us-zollhammer-gegen-die-schweiz-jetzt-jobs-sichern-und-kmu-helfen
Zur Person:
Stefan Brupbacher, promovierter Jurist, war Generalsekretär des WBF sowie der FDP Schweiz und sammelte Erfahrungen in verschiedenen Führungspositionen. Seit 2019 ist er Direktor von Swissmem und Vorstandsmitglied von Orgalim, dem europäischen Dachverband der Technologie-Industrien.








